Tactical Shooter vs. IPSC Champ

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Da das Video zugegebenermaßen relativ lange ausgefallen ist, werden Martin und ich im Blogformat nachfolgend unsere Gedanken zusammenfassen. 

Stefan beginnt:

Die Szene beherbergt unterschiedliche Charaktere, den alten konservativen Jäger, den jungen Jäger, der sich vielleicht schon mit einer Base Cap und einem Plastikschaft raustraut, den Sportschützen und natürlich nicht zu vergessen: den taktischen Verteidigungsschützen, Larper und Hobbyveteran aber natürlich auch ein ganz erheblicher Anteil an Menschen, die einfache Waffenbesitzer sind und ganz normal Schießen gehen, ohne einem dieser Clubs anzugehören. Ich kann mich zu einem gewissen Teil mit jedem der genannten Charaktere identifizieren, aber was mir oft fehlt, sind die Brücken zwischen diesen Gruppen, denn wir gehören schließlich alle gemeinsam einer Gruppe an und das ist die der Waffenbesitzer.

Ich persönlich, hatte bislang nicht allzu viele Berührungspunkte mit dem (wirklich) sportlichen Schießen und damit meine ich jetzt eben nicht x-beliebige Wettbewerbe, wo man mal eben zwölf Schuss Präzision irgendwo hin schießt und wieder geht oder 30 Schuss in einer gewissen Zeit geradeausschießt, sondern wirklich anspruchsvolle Wettkämpfe auf nationaler und internationaler Ebene & einem fundierten Regelwerk. Da kommt man unweigerlich am IPSC, der International Practical Shooting Confederation nicht vorbei.

Mit Martin Thaler konnten wir ein echtes Schwergewicht aus dem IPSC für das Video gewinnen – er konnte sich schon mehrere Staatsmeistertitel erkämpfen – zuletzt im PCC, aber bereits in den Vorjahren auch in der hart umkämpften Production Optics Klasse.

Martin hat mich natürlich, wie erwartet, ordentlich abgestaubt. Viele von Martins Weisheiten sind aber schon sehr spezifisch und das Video hat ohnehin schon jeglichen Rahmen gesprengt. Ganz am Rande noch: Martin ist wirklich ein sympathischer, bescheidener und extrem professioneller Schütze – folgt ihm!

 

Fazit der Zusammenkunft: Schnell & akkurat zu schießen ist sowohl im taktischen, also auch im sportlichen das erkärte Ziel. Unterschiede in der Handhabung gibt es – diese sind aber eher dem Kontext geschuldet, in dem sich ein Berufswaffenträger bewegt. Denn das oberste Ziel ist nicht wie beim Sport die Performance (so blöd das klingt) sondern Sicherheit (sowohl in der Lage, also auch in den Verfahren der Anwendung – denn auch Berufswaffenträger ist nicht gleich Berufswaffenträger) & Vertrauen. So spannend ein Turnier auch sein kann, den Puls nach oben treibt, die Hände schwitzen lässt – es ist keine Ausnahmesituation in der es um Leben & Tod geht und die kognitiven Fähigkeiten einfach von Amygdala und Hypothalamus überschrieben werden. Wünschenswert wäre natürlich für jeden behördlichen Schießausbilder, wenn jeder Berufwaffenträger das Schießen als einziges Hobby hat, aber das ist nunmal selten der Fall. Angesichts der vielen Fähigkeiten, die sich beispielsweise ein Polizist oder Soldat noch aneignen muss, bleibt oft für das Schießen nicht die gebührende Zeit. Aber dazu werde ich mit Sicherheit noch ein Video nach… schießen.

 

Martins Homepage

Martins Instagram – Geheimtipp

 

Martin führt aus: Der Reiz am IPSC Schießen

IPSC ist unter den sportlichen Schießdisziplinen diejenige, welche die höchste Anforderung an das Fähigkeitsspektrum eines Schützen stellt. Bei weitem. Das Beherrschen von präzisen Einzelschüssen stellt hier ein wesentliches Fundament dar, ist tatsächlich aber nur die Spitze des Eisberges. Im Kern findet man schießtechnische Herausforderungen wie dem Anpassen von Visiertechniken und Haltepunkten auf unterschiedliche Distanzen (bei Rifle bis zu 300-500m) und teilverdeckte Ziele (z.T. mit Penalty-Targets), dem Schießen auf bewegte Ziele, Rückstoßbewältigung und dem Ansagen von Schüssen sowie dem raschen in Anschlag bringen der Waffen, schnellen sowie präzisen Zielwechseln sowie einhändigem Schießen.

Weiters zählen physisch anspruchsvollen Aspekte wie dem explosiven jedoch gezieltem und geschmeidigen Bewegen von Schießposition zu Schießposition, dem Schießen in der Bewegung und aus verschiedensten, teilweise verrenkten Schießhaltungen, zu den wichtigsten Aspekten und werden durch koordinative Herausforderungen wie Standard Waffenmanipulationen (Ziehen/Anschlagen, Magazinwechsel, Störungsbehebung, etc.) aber auch dem Betätigen von Knöpfen, Hebeln, Seilzügen, Pedalen, Klappen und Türen, um bestimmte Ziele freizugeben, ergänzt.
Abgerundet und zusammengehalten wird all das durch mentale und kognitive Fähigkeiten des Schützen. Räumliche Wahrnehmung, Koordination, das zeitnahe Einprägen von Abläufen und dem Exekutieren von sehr kurzfristig zurechtgelegten Plänen sowie dem Abrufen von Fähigkeiten unter Zeitstress auf Knopfdruck sind die Katalysatoren für eine solide Performance.

Denn was IPSC so einzigartig macht, ist nicht nur das Schießen von abwechslungsreichen Parcours mit mehreren Zielen an sich. IPSC hebt sich außerdem durch das das sogenannten „Hitfaktor Scoring“ ab, bei dem die Zeit die man für das absolvieren eines solchen Parcours (sog. „Stage“) benötigt ein wesentlicher Faktor für die Wertung ist. Der Clou bei dieser Form der Bewertung ist nämlich, dass die durch Treffer erreichten Punkte direkt durch die benötigte Zeit dividiert werden und die Platzierung dann nach diesem Faktor erfolgt, sodass Präzision und Geschwindigkeit in ein sehr herausforderndes Verhältnis gesetzt wird.
Einfacher formuliert bedeutet das, man schneidet schlecht ab wenn man schnell aber unpräzise oder präzise aber langsam ist. Schlechte Treffer in Randzonen der Scheiben oder gar Fehlschüsse, aber auch Zeitverluste durch Fehler oder Fähigkeitslücken werden hart bestraft. Dieser Aspekt gibt dieser Wertungsform eine extrem interessante Dynamik. Präzision und Geschwindigkeit wird hier in ein auch für andere Bereiche praxisrelevantes Verhältnis gesetzt. Auch wird durch das Wegfallen von Zeitlimits an sich das Vorantreiben des Levels der Fähigkeiten stark gefördert, denn es gibt hier kein perfektes Ergebnis welches das Oberlimit darstellt, sondern es ist nach oben offen, was die Schützen dazu bringt ihre Fähigkeiten und Techniken ständig weiterzuentwickeln.

Nach oben offen ist außerdem der Rang, welchen man sich innerhalb dieser Schießdisziplin erkämpfen kann. IPSC ist weit anerkannt und wird international in über 100 Ländern der Welt geschossen. Ambitionierte Schützen können sich somit nicht nur bei Staatsmeisterschaften messen, sondern selbst für Europa- oder gar Weltmeisterschaften qualifizieren, um dort gegen die Weltelite anzutreten.
Alle Bewerbe werden nach einem standardisierten Regelwerk durchgeführt, was selbst auf kleinen Matches für Qualität beim Ablauf sorgt und somit auch in viel zugänglicheren Umgebungen für ein ausgesprochen positives Erlebnis sorgt.

IPSC besticht außerdem durch seine Vielfalt an modernen und relevanten Waffenklassen, sodass nicht nur Kurzwaffenschützen auf ihre Kosten kommen, sondern auch solche die sich mit halbautomatischen Karabinern, Gewehren und Flinten messen wollen. Am zugänglichsten ist aber sicherlich die Kurzwaffendisziplin, welche sich aktuell in 6 Unterkategorien (sog. “Divisions“) aufteilt, sodass für jede Vorliebe etwas dabei ist. Hier muss keiner Angst haben, dass er nur mit den hochentwickeltsten Sportpistolen Podestchancen hat, sondern auch normale Gebrauchspistolen finden hier Klassen in denen sie wettbewerbsfähig sind.

Es kommt immer wieder zu Debatten was IPSC ist und was es nicht ist. Ich kann nur jedem Waffenbesitzer empfehlen, sich selbst ein Bild davon zu machen und es einmal auszuprobieren. Es ist eine Sache einem Schützen dabei zuzusehen wie er durch eine Stage rauscht, aber eine ganz andere wenn man selbst einmal am Start steht und das Timer-Startsignal kommt.
Selbst wenn man es sportlich nicht ernsthaft weiterverfolgen möchte, so denke ich trotzdem, dass aufgrund der Vielzahl von notwendigen Fähigkeiten und gestellten Herausforderungen einerseits der Unterhaltungsfaktor sehr hoch ist, aber andererseits auch viele interessante Erfahrungen gemacht werden können die man in anderen Umfeldern nicht provoziert hätte.

 

 

 

 

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